Wir danken dem Newsletter von Gabor Steingart für die Genehmigung, seinen Beitrag zu Rosa Luxemburg und den Gründen, die zu ihrem gewaltsamen Tod geführt haben, zu veröffentlichen.
Dass der 5. März 1871 ihr Geburtstag sei, hat sie wohl selbst beschlossen. Den Tag feierte Rosa Luxemburg mit ihrer Familie. Dieses Datum gab sie bei ihrer Immatrikulation an. In ihrer Heiratsurkunde freilich ist der 25. Dezember 1870 als Geburtsdatum. Rosa Luxemburg wäre in ihrer eigenen Zeitrechnung heute 150 Jahre alt geworden. Im wahren Leben der Sozialdemokratin, die sich als Revolutionärin sah, hat es nur für 48 Jahre gereicht.
Fünf Dinge aus ihrem Leben sind es, die zum Verstehen ihrer Persönlichkeit wichtig sind:
1. Rosa Luxemburg war gesundheitlich von Kindesbeinen schwer angeschlagen. 1874 wurde ein Hüftleiden fälschlicherweise als Tuberkulose diagnostiziert und falsch behandelt. Dadurch blieb ihre Hüfte deformiert, sodass sie fortan hinkte.
2. Nicht zuletzt durch ihre angeschlagene Gesundheit war sie zeitlebens ein begnadete Autodidaktin. Mit fünf Jahren, während einer ärztlich verordneten fast einjährigen Betttruhe, brachte sie sich selbst Lesen und Schreiben bei. Mit neun Jahren schrieb sie Gedichte und Novellen. 1888 bestand sie das Abitur als Klassenbeste.
3. Rosa Luxemburg studierte Völkerrecht und Volkswirtschaftslehre und war praktizierende Journalistin. Publizistisch unterstützte sie Lenins Oktoberrevolution, warnte allerdings vor einer Diktatur der Bolschewiki. In diesem Zusammenhang schrieb sie den Satz: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.“
4. Der Mord an ihr war nicht nur grausam, sondern sadistisch. Er geht auf das Konto der SPD-
Regierung von Friedrich Ebert und seinem Innenminister Günther Noske, die ihr beide die Spaltung der Sozialdemokratie vorwarfen. Am 15. Januar 1919 wurde sie im Berliner Hotel Eden verhört und dabei schwer verletzt. Ein am Haupteingang stehender Mann schlug sienbeim Verlassen des Hotels mit einem Gewehrkolben, bis sie bewusstlos war. Sie wurde in einen Wagen geworfen und während der Fahrt mit einem aufgesetzten Schläfenschuss an der Ecke Nürnberger Straße Kurfürstendamm ermordet. Die Leiche überließ man in Verdunklungsabsicht dem trüben Wasser des Landwehrkanals.
5. Rosa Luxemburg war schon zu Lebzeiten ein Politstar. Am 25. Januar 1919 wurde symbolisch ein leerer Sarg für sie auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde bestattet. Über 100.000 Menschen nahmen an der Trauerfeier teil. Es kam in ganz Deutschland zu bürgerkriegsähnlichen Aufständen, die SPD Innenminister Noske mithilfe rechtsextremer Freikorps und kaiserlichen Truppen niederschlagen ließ; einige Tausend Tote folgten dem Luxemburg-Mord.
Fazit: Heute vor 150 Jahren wurde eine außergewöhnliche Frau geboren. Man muss nicht Kommunist, nur Mensch sein, um ihren Lebensweg beeindruckend und ihr Ende tragisch zu finden. Wer herausfinden möchte, wohin gesellschaftliche Polarisierung und staatlicher Machtmissbrauch führen, der muss ihre Lebensgeschichte studieren.
Der Beitrag erschien am 5. März 2021 im online Morning Briefing. Der Beitrag kann dank freundlicher Genehmigung von Gabor Steingart hier veröffentlicht werden. Newsletter Steingarts Morning Briefing, Media Pioneer Publishing AG