Nachdem Simone mit ihrer Interviewpartnerin in der letzten Folge über Barbara Streisand gesprochen hat, geht es dieses Mal in eine ganz andere Richtung. Katalin hat lange überlegt, wie sie für sich ein Vorbild definiert. Und unterstreicht mit ihren Gedanken die Vielfalt an Quellen für weiblichen Vorbildern und Rolemodels. Am Ende hat sich Katalin für eine Frau entschieden, die sie schon ihr ganzes Leben lang begleitet, mit der sie tiefe Wurzeln und ein hohes Maß an Bewunderung verbinden: Ihre Schwester Eva.
Katalin beschreibt Eva als eine autarke, starke Frau, die sich von keiner Herausforderung hat unter kriegen lassen. Egal ob die Flucht nach Deutschland, gesundheitliche Probleme oder bürokratische Hindernisse: Eva hat sich schon durch viel durchkämpfen müssen und hat dabei nie ihre Ziele aus den Augen oder die Freude am Leben verloren. Und genau diese Stärke ist es auch, die Katalin zu tiefst bewundert und mit der sie Eva immer wieder inspiriert. So schaffte es Eva schließlich aufgrund ihrer freundlichen, offenen Persönlichkeit sowie der klaren Zielfokussierung Schulleiterin einer Schule in Frankfurt zu werden. Eine tolle Geschichte über eine unfassbar starke Frau, von der wir alle lernen können, dass aufgeben keine Option ist.
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Simone Lersch
Willkommen bei "She did it" dem Podcast, indem ich Simone Lersch mit verschiedenen Interviewpartnerin aus dem EWMD-Netzwerk der Frage nachgehe, welche Frauen uns im Laufe unseres Lebens positiv beeinflusst haben. Hier entdeckst du spannende Geschichten von interessanten Frauen und holst dir so neue Impulse und Inspirationen für deinen persönlichen Werdegang. Hallo und herzlich willkommen zur neuen Folge des EWMD Podcasts "She did it". Mein Name ist Simone Lersch und im normalen Leben bin ich Rechtsanwältin für Wirtschafts und Medizin Strafrecht. Zur heutigen Folge darf ich Anja Henningsmeyer begrüßen. Für die heutige Folge zu Gast ist Katalin Geis.
Katalin ist seit über 20 Jahren mit einem eigenen Unternehmen selbstständig in einer ganz spannenden Branche. Liebe Katalin, schön, dass du da bist. Und bitte erzähl uns was von dir.
Katalin Geis
Ja hallo. Also ich bin Katalin aus dem Chapter EWMD Nord. Bin seit ich glaube mittlerweile 13 Jahren Mitglied überzeugtes Mitglied beim EWMDE und mich hat das Studium nach Hamburg verschlagen. Damals habe ich interkulturelle Kommunikation, Deutsch als Fremdsprache und Ungarisch, das ist meine Muttersprache studiert. Ja und dann habe ich diverse Dinge gemacht und irgendwann stolperte ich über das Geschäftsfeld Relocation. Und so hab ich dann 2000 meine eigene Agentur gegründet und seitdem bin ich mit der internationalen Welt beruflich täglich vernetzt.
Wir unterstützen internationale Personal Transfers aus dem Ausland nach Hamburg und so habe ich den ganzen Globus in Hamburg und Norddeutschland vereint. Ich bin Mutter eines einundvierzig jährigen Sohnes. Dann gibt es noch eine Patchwork-Familie. Daraus gibt es zwei Enkel. Ich bin begeisterte Patenmutter eines Kindes, topolesischen Wurzeln. Und wir habe viel Familiensinn, bin viel draußen, lese gern, gehe wahnsinnig gerne ins Theater, ins Kino, spiele hin und wieder ein bisschen Klavier, wenn es meine Zeit erlaubt.
Und ich spreche jetzt von Nicht-Coronazeiten. Ich koche gerne, habe viel, gerne viele Menschen um mich herum und ich finde, dass ich viele, viele, viele EWMD Vorbilder habe. Allerdings fokussiere ich mich heute auf eine Person. Soviel erstmal zu mir.
Simone Lersch
Vielen Dank. Das hört sich auf jeden Fall nach einem ausgefüllten Leben an.
Katalin Geis
Das stimmt. Langweilig ist es nicht.
Simone Lersch
Wen hast du uns denn mitgebracht? Als inspirierende Frau für die heutige Folge?
Katalin Geis
Ja, ich habe tatsächlich länger darüber nachgedacht. Über die Definition: Was ist eigentlich ein Vorbild? Was ist ein weibliches Vorbild? Und habe ich eigentlich überhaupt das Vorbild? Es so richtig die Göttin oder die Politikerin? Oder die Kulturwissenschaftlerin oder die EWMD Präsidentin, der ich nacheifern? Also, was ist ein Vorbild? Aber ich habe Vorbild definiert als eine Person, die man wirklich bewundert und nicht. Also und zwar neidlos bewunderte, ohne sie unbedingt nachahmen oder ihr nacheifern zu müssen. Wie auch daran habe ich länger nachgedacht und ich habe mich entschieden tatsächlich für meine Schwester. Nach langer, längerem Überlegen habe ich tatsächlich gedacht meine Schwester ist ein Vorbild und deshalb habe ich meine Schwester mitgebracht.
Simone Lersch
Dann erzähl uns doch bitte ein wenig oder auch ein wenig mehr zu deiner Schwester.
Katalin Geis
Also zum einen ist meine Schwester eine sehr autarke Person und weiblich. Also meine Schwester ist eine Frau und sie ist sehr gerne eine Frau und sie ist eine sehr starke Frau. Sie ist wahnsinnig stark, hat viel erlebt in ihrem Leben und hat nie aufgegeben und gibt auch heute nicht auf. Ich erzähle jetzt ein kleines bisschen zu ihr. Meine Schwester ist 1953 in Ungarn geboren, als zweites Kind und musste mit meinen Eltern 1956 über die österreichische Grenze nach Deutschland fliehen. Hier waren sie in einem Flüchtlingslager und so nahm das Leben so seinen Lauf.
Ich erzähle das alles ganz kurz. Jetzt erstmal gerne Antworten auf Nachfragen. Sie landeten dann irgendwann in Nordrhein-Westfalen im Sauerland, weil mein Vater technischer Leiter einer Sensen-Firma Sensen Firma wurde und hier ist meine Schwester eingeschult worden. Sie hatte erst einmal durch das Flüchtlingstrauma Flüchtlings Trauma das Essen verweigerte, sah fast verhungert. Dann wurde sie aber gerettet und sie ist dann, wie gesagt, mit meinem Bruder und meinen Eltern nach Nordrhein-Westfalen gekommen. Hat später hier die Grundschule besucht und dann stellte man sehr relativ früh fest, dass sie ein Rückenleiden hat.
Das wurde natürlich damals ganz anders falsch behandelt und dann gab es noch andere Themen und sie fühlte sich irgendwann auf dem Lyzeum, einem deutschen Lyzeum, nicht unbedingt wohl, folgte ihrem Bruder in ein ungarisches Internat. Das einzige ungarische Internat weltweit, das übrigens in Niederbayern war, wo also alle emigrierten Ungarn ihre Kinder, ihre ungarischen Kinder hinbrachten brachten, um sie dort das Ungarntum erhalten zu lassen. Es war ein sehr strenges Internat von Nonnen und Mönchen geführt. Und wenn meine Eltern mir, die ich dann acht Jahre später in Deutschland als unerwartete Überraschung geboren wurde, mir etwas Böses antun wollten, dann mussten sie immer nur sagen: Wehe, du bist so unartig, dann gehst du auch in dieses ungarische Internat.
Meine Mutter erkrankte dann. Später, woraufhin meine Schwester, das hatte doch andere Gründe ihre Zelte dort abbrach und zurückkehrte ins deutsche Schulwesen, auch um die Familie 16-jährig zu unterstützen. Und mein Bruder hatte vorher schon seine Zelte dort abgebrochen, kam auch nicht ins deutsche Schulsystem zurück, aber alles nicht so ganz easy. Jedenfalls mein Bruder machte Fachabi über Umwege. Meine Schwester machte über sehr schwierige Anläufe dann das deutsche Abitur. Wie gesagt, sie war ja ungarisch, quasi schul sozialisiert gewesen, unterstützte meine Familie.
Im Prinzip managte sie die Familie und ja, und sorgte auch dafür, dass ich irgendwie morgens mein warmes Frühstück bekam. Ja. Dann ging sie zum Studium nach Dortmund und studierte tatsächlich Lehramt. Sie wollte dann Lehrerin werden und studierte Kunstgeschichte und Deutsch. Und noch irgendwas. Das hab ich jetzt gerade vergessen. Also eigentlich ein ganz normaler Werdegang. Sie wollte Lehrerin werden und aber auch mit dem Bereich Kunstgeschichte. Vielleicht konnte sie sich nicht entscheiden, damit es bodenständig ist und nicht irgendwie brotlose Kunst.
Hat sie ja nichts Kunstgeschichte studiert, aber Kunst als Schwerpunkt in ihr Lehramtsstudium reingenommen. Und dann ist sie Lehrerin geworden und ist mit ihrem Mann nach Hessen gezogen. Und damals war das so. Wenn man dann also leaken wird und das Bundesland wechselt muss, kriegt man Wartesemester oder warte Jahre. Also Kredit nicht sofort vermittelt. Somit war war sie bekam sie einfach keinen Job in Hessen. Musste sehr sehr lange warten. Zwischendurch kamen die Kinder, dann hat sie andere Dinge gemacht.
Sie hat im Kindergarten gearbeitet, die hat angefangen Deutsch zu unterrichten, Privat schon weise angefangen in der Schule zu unterrichten, aber es hat sehr lange gedauert, bis sie dann tatsächlich wirklich einen feste Stelle bekommen hat in dem hessischen Schulsystem. Und dort hat sie es dann auf Grund ihrer aufgrund ihres Naturells sehr kämpferisch. So wie mein Vater. Sehr zielorientiert, nie aufgeben und extrovertiert, manchmal sogar ein bisschen aufdringlich ist aber also intelligent, auch freundlich, kommunikativ und immer am Menschen interessiert.
Hat sie es wirklich geschafft, ohne große vorherige Schulkarriere dann Schulleiterin einer großen Schule zu werden in einem Vorort von Frankfurt und zwar relativ viel sozialer Brennpunkt, aber auch sehr gemischtes Publikum. Also Frau Dr. Soundso Kind war dort genauso wie sehr, sehr viel Migrations, Kinder, Inklusion, Kinder und so weiter. Und sie hatte ein Top-Job gemacht, obwohl sie dann auch selber sehr krank wurde. Es wurde eine schwere Autoimmunerkrankung festgestellt, die auch dazu geführt hat, dass sie früher in Rente gehen musste.
Sie hat übrigens auch zwei Kinder und mittlerweile drei Enkel und ist eine begeisterte Mutter, ist eine sehr begeisterte Großmutter, studiert wieder an der Fernuni und wenn ihre Beine sie dorthin tragen, geht sie auch persönlich zur Uni. Wie gesagt, sie ist mittlerweile gehbehindert und sie ist meines Erachtens eine sehr tapfere Frau. Außerdem hat sie einen Geist fürs Schöne. Sie hat offenbar die Sanger Leidenschaft meiner Eltern gesagt. Geerbt. Das halbe Haus, mittlerweile auch die Ferienwohnungen auf Amrum sind mit Antiquitäten und wunderschönen Bildern dekoriert.
Sie ist sehr, sehr vielseitig und ist immer positiv. Sie nimmt sich selbst auch gar nicht so so ernst, wie ich finde, dass sie das tun sollte, sondern es immer auch für andere da hat. Zu hat genug Humor. Mag gerne mit mir ein Glas Wein trinken. Also ist den Freuden des Lebens durchaus aufgeschlossen und lässt sich nicht kleinkriegen. Und das finde ich wirklich sehr bewundernswert.
Simone Lersch
Verrätst du uns noch den Namen deiner Schwester?
Katalin Geis
Ja, meine Schwester heißt Eva und früher hatten wir den gleichen Nachnamen.
Simone Lersch
Du hast uns viele Eigenschaften deiner Schwester erzählt. Könntest du sagen, gibt es eine, die dich am meisten fasziniert oder ist es mehr so die Summe ihrer Eigenschaften?
Katalin Geis
Ich glaube, am meisten fasziniert mich ihre, ihre Stärke nicht aufzugeben. Also sie hat wirklich viel mitgemacht und sie geht trotzdem jeden Tag wieder ins Leben rein und sagt Wie jetzt? Ich klein beigeben. Nee, das kommt nicht in Frage. Und das ich finde das oft auch sehr tröstlich und auch sehr oft Mut machend, dass das muss ich schon sagen. Das finde ich toll.
Simone Lersch
Weißt du, woher sie ihre Kraft nimmt, sich durch all das, was ihr widerfahren ist, nicht unterkriegen zu lassen?
Katalin Geis
Also erstmal denke ich, natürlich bringt man das genetisch irgendwie mit. Also es gibt eben Menschen mit einem Winner Skript und es gibt Menschen mit einem Losers Skript. Und mein Vater war auch so wird der der war auch immer positiv. Immer. Egal was er erlebt hat, der er trug einfach das Lächeln und das Besondere, sozusagen das Lächeln und die Kraft in sich. Das hat meine Schwester, glaub ich von ihm geerbt. Und sie musste glaub ich auch einen Kontrapunkt setzen zu dem absoluten Gegenteil.
Das war meine Mutter und meine Mutter kann da gar nichts führen. Aber sie ist psychisch sehr krank gewesen. Und das war genau das krasse Gegenteil. Ich glaube, ich bin so eine Mitte. So irgendwie. Also auch eher sicherlich mein Vater, denke ich. Muss man ja auch irgendwie, wenn man sich so behaupten will. Aber man wird doch auch sehr von der Familie geprägt. Die kann man sich auch nicht aussuchen, denn in die wird man hineingeboren.
Und ich finde das schon. Also ja, wir haben auch einen sehr starken Familiensinn. Auf der anderen Seite waren wir als ungarische Flüchtlingsfamilie auch so in einer Art Diaspora. Also Ungarn gibt's auch jetzt nicht wie Sand am Meer, so in Deutsch. Also wir waren immer so eine kleine Enklave und so sind wir ja auch b kulturell und auch bilingual aufgewachsen. Also es war immer so eine kleine Insel, aber eben auch nicht nur Hunni. Nun, ich denke, sie hat eine eigene Stärke und sie hat sehr früh Verantwortung übernommen als mittleres Kind.
Also sie hat irgendwie begriffen, es geht nicht nach ihrer Nase. Sie hat sich hier nach dem älteren Bruder ein großer Bruder ist wir sowieso auch immer, hatte ja auch immer eine andere Stellung und nach der kleinen Schwester zu richten. Und diese Verantwortung und dieses Verantwortungsbewusstsein hat sie glaub ich auch nie losgelassen.
Simone Lersch
Hast du denn das Gefühl, wenn sie so früh Verantwortung übernommen hat? Es hört sich jedenfalls so an, als hätte sie ja trotzdem einen Weg für sich gefunden, obwohl sie eigentlich immer, wie du erzählt hast, für andere da war. Da ist es ja recht leicht, sich selbst zu verlieren. Das scheint dir aber, wenn du von ihrer anderen Leidenschaft berichtest, nicht passiert zu sein.
Katalin Geis
Das hast du gut erkannt. Simone Das ist richtig. Also sie ist immer bei sich geblieben und das ist auch etwas, was ich. Deshalb sagte sie es in irgendeiner Weise sehr autark. Sie hat sie nicht aufgegeben und sie ist bei sich geblieben, auch bei ihren Hobbys. Und die zieht sie auch durch, auch neben ihrer Berufstätigkeit. Und das war. Also ich möchte nicht gern Schulleiter sein. Da hat man mit Behörden zu tun, mit schrecklichen Eltern zu tun.
Katalin Geis
Vor allen Dingen sagte das leicht. Es waren immer die Kinder und wenn es für verlaufend Stück waren, aber Eltern, Behörden, politische Dinge und so weiter. Das ist alles immer sehr schwierig gewesen. Und nebenher hat es trotzdem noch immer geschafft, ihren Hobbys nachzugehen und ihren Interessen. Und sie ist. Sie ist sich treu geblieben. Ja toll, tolle Frau, was würdest du sagen, ist das, wo wir uns alle eine Scheibe von abschneiden könnten bei ihr?
Ich sag mal so geht nicht, gibt's nicht. Wenn ich das jetzt mal so, so so so zusammenfassen kann. Also sag einfach wie jetzt? Also für alles gibt es ja mindestens eine Lösung. Das sag ich zwar auch, aber sie lebt das irgendwie ein bisschen mehr. Sie ist rastlos und ich glaube, ich sehe diese eine positive Rastlosigkeit, die könnte man sich von ihr abschneiden.
Simone Lersch
Aus reiner Neugier. Was studiert sie jetzt an der Fernuni?
Katalin Geis
Gute Frage. Nächste Frage. Also sie stirbt. Sie studiert gar nicht einen Plan. Sie studiert an der Uni Frankfurt. Es gibt da so ne erwachsenen Uni oder so ne Senioren-Union. Und die haben verschiedene Disziplinen und sie sucht sich die Dinge raus, die er Spaß machen. Viel Psychologie, viel Kunstgeschichte. Also alles das, was sie immer machen wollte und was aber im Leben ein bisschen viel zu kurz gekommen ist. Und jetzt packen dekoriert sie das mit mehr wissenschaftlichem Background.
Alles, was sie vorher schon gelebt hat. Also die Sammler, die Sammler, Leidenschaft, das Interesse für Kunst, Stile für Antiquitäten. Und dann aber auch alles so in dem Bereich Psychologie Fecht.
Simone Lersch
Also weiterhin ein großes Interesse an den Menschen und wie sie funktionieren.
Katalin Geis
Ja, und dann geht sie mit ihren Stöcken, weil der Body nicht so mitmacht, Firma mitmachen könnte. Und das ist auch nicht immer witzig. Sie hat auch sehr viele Schmerzen. Und trotzdem lässt sie sich nicht unterkriegen. Sehr bewundernswert, spricht für eine große Freude am Leben.
Simone Lersch
Vielen Dank, dass du uns deine Schwester und ihr durchaus auch außergewöhnliches Leben vorgestellt hast.